Burma (Myanmar)
Im goldenen Land - Teil 1
13.10.2014 - 29.10.2014
30 °C
Nachdem wir genug frische Bergluft in Yunnan geschnuppert hatten, haben wir uns auf die Weiterreise nach Burma gemacht. Eigentlich wollten wir die Grenze überland passieren, dies ist jedoch nur mit einer Sondergenehmigung möglich, die wir nicht mehr rechtzeitig hätten einholen können. So haben wir kurzerhand einen Flug von Kunming nach Rangun gebucht und nahmen von unserer letzten Station in China, Shaxi, den langen Weg nach Burma in Angriff. Als Belohnung erwarteten uns in Rangun (Yangon), der ehemaligen Hauptstadt Burmas, 33 Grad und eine Luftfeuchtigkeit, die einem den Schweiss aus den Poren trieb.
Yangon
Nach unserer Ankunft im neuen Flughafenterminal fiel uns auf der Taxifahrt in die Innenstadt gleich auf, wie sehr sich das Leben in dieser Stadt in den letzten acht Jahren, seit wir das erste Mal hier waren, verändert hat: Fast jeder hat ein Handy, überall buhlen internationale Marken und Unternehmen um Kundschaft, es gibt seit knapp zwei Jahren sogar Bancomaten und der Verkehr hat sich schätzungsweise verzehnfacht.
Unverändert aber ist das wuslige Treiben in den engen Strassen: Zwischen Strassenküchen, Teashops, Zeitungsverkäufern und Früchtehändlern drängen sich Fussgänger, Velorikschas, Taxis und sonstige Gefährte. Der Verkehrslärm und das stetige Hupen sind kaum auszuhalten. Abends brummen dazu noch die riesigen Benzingeneratoren auf den Trottoirs, die notdürftig Strom liefern (die Stromversorgung ist um einiges besser geworden, trotzdem sind mehrfache, mehrere Minuten andauernde Stromausfälle an der Tagesordnung).
Eine Schönheit ist Yangon nicht gerade. Überall bröckelt, fault und stinkt es. In ihrer Blütezeit, als Burma unter britischer Herrschaft stand, war die Stadt eine wahre Perle des Ostens. Doch der einstige Glanz der Kolonialbauten ist weitgehend verblasst, die Fassaden von unzähligen Monsunregen ausgewaschen. Ihr einstiges Amt als Hauptstadt hat man ihr vor einigen Jahren weggenommen, Regierung und Minister sind landeinwärts in die Retortenstadt Naypyidaw versetzt worden.
Saint Mary's Cathedral: Die grösste Kirche im Land, entworfen vom niederländischen Architekten Jos Cuypers.
Roben der Mönche zum Trocknen aufgehängt.
Liegender Buddha in der Chauk Htat Gyi Pagoda; mit 65 m rund 20 m länger als sein Pendant in Bangkok.
Mönche und Nonnen sind allgegenwärtig in Burma.
Auf in den Norden
Nach ein paar Tagen hatten wir genug vom Lärm und sind mit dem Nachtbus zum Inle-See gefahren. Unter der langen, holprigen und kurvenreichen Fahrt leiden besonders die Einheimischen. Vor der Abfahrt werden bereits Plastiktüten verteilt und schon nach kurzer Zeit herrscht im Bus eine nicht besonders appetitliche Geräuschkulisse; um uns herum war die ganze Nacht lautstarkes Röcheln und Würgen zu hören. Morgens um fünf schliesslich kamen wir in Nyaungschwe, dem touristischen Zentrum am Inle-See, an und konnten zum Glück gleich unser Zimmer beziehen, um erst einmal ein wenig Schlaf nachzuholen.
Der Inle-See bildet die Lebensgrundlage für ca. 70'000 Menschen, die von der Fischerei, Landbau und traditionellem Handwerk leben. Viele Stelzendörfer auf und am Wasser umranden den See und auf einer Bootstour kann man diese entdecken. Ein beliebtes Fotosujet sind die Einbeinruderer, die geschickt auf einem Bein auf dem Achtersteven des Bootes balancieren und mit dem anderen Bein das Ruder umklammern, während sie mit den freien Händen die Netze auswerfen und einholen.
Zu Fuss ist man nur selten unterwegs.
Die Shwe-Indein-Pagoda am Ufer des Inle-Sees mit ihren tausenden Stupas.
Auf einer Anhöhe am östlichen Seeufer liegt das Weingut "Red Mountain Estate", das günstige Verkostungen des lokal produzierten Weins anbietet. Eine gute Gelegenheit, den Sonnenuntergang und die Sicht auf den See bei einem feinen Glas Sauvignon Blanc zu geniessen.
Elégance toujours!
Mandalay
Die Weiterreise führte uns nach Mandalay, der letzten Hauptstadt des birmanischen Königreiches, welche im gleichnamigen Gedicht des britischen Schriftstellers Rudyard Kipling ("Das Dschungelbuch") verewigt wurde. Eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten Mandalays liegt indes ausserhalb der Stadt: Die U-Bein-Brücke, die mit 1,2 km längste Teakholzbrücke der Welt, welche einen ganzen See überspannt. Um ehrlich zu sein: "Brücke" ist vielleicht etwas übertrieben, "Holzsteg" trifft es schon eher. Aber die Stimmung morgens früh, wenn man sich nach Überqueren der Brücke mit einem Ruderboot zurück ans andere Ufer bringen lässt, hat schon fast etwas Besinnliches.
Der nahe gelegene Tempel bestach mit seinen Kuriositäten.
Das pure Gegenteil dazu ist Inwa: Eine Ansammlung von Dörfern und Weilern, wo man sich per überteuertem Rosskarren herumkutschieren lassen kann, stets in Begleitung von hartnäckigen, jungen Souvenirverkäuferinnen, welche den Besuchern in der Hoffnung auf ein paar Dollar per Velo ständig folgen.
Tags darauf ging es morgens um vier mit dem Zug weiter nach Hsipaw, nordöstlich von Mandalay. Die nicht enden wollende Fahrt (fast 12 Stunden mehrheitlich im Schritttempo) in einem Zug, dessen Holpern einem jeden Knochen im Körper spüren liess, führte über das Gokhteik-Viadukt, ein Meisterwerk britischer Stahlbaukunst. In schwindelerregender Höhe schaukelt der Zug langsam über die filigrane Konstruktion, die eine 700 Meter breite Schlucht überspannt. Nichts für schwache Nerven!
Hsipaw gilt als Ausgangspunkt für Trecks in umliegende Bergdörfer, wo viele Minoritäten angesiedelt sind. Auch wir haben uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, das Landleben im Shan-Staat kennen zu lernen. Gemeinsam mit einem Führer und einer weiteren Treckerin aus Südkorea haben wir uns auf eine zweitägige Wanderung durch hügelige Landschaften, schier endlose Reis- und Maisfelder und dicht bewachsenen Wald begeben.
Auch Tee gedeiht im milden Klima des Shan-Staates bestens.
Unser Führer kannte jeden Trampelpfad in der Region - immer nur brav folgen!
Am Ende des ersten Tages übernachteten wir in einem Dorf der Palang bei einer Bauernfamilie, die sich durch das Aufnehmen von Wanderern ein Zubrot verdient. Es war eine recht rustikale Angelegenheit, aber die uns entgegengebrachte Gastfreundschaft war herzerwärmend. Geschlafen wurde auf dem halb offenen Dachboden (und es wurde frisch abends!), gewaschen am Brunnen hinterm Haus und fürs stille Örtchen ging's mit Stirnlampe hinter den Rossstall, wo ein Wellblechkabäuschen nicht gerade zum langen Verweilen einlud.
Das Nachtlager ist bereit.
Der Nachwuchs trägt Thanaka auf, eine Paste aus Baumrinde, die von burmesischen Frauen als Sonnenschutz und zur Verschönerung verwendet wird.
Zum Abschied ein Gruppenbild.
Am nächsten Morgen wanderten wir nach einem Rundgang durchs Dorf und einem Besuch im örtlichen Kloster weiter durch Felder und Wiesen, wo gelegentlich bewaffnete Paramilitärs auf Wache daran erinnerten, dass Burma immer noch ein Vielvölkerstaat auf der Suche nach einem Weg zum friedvollen Zusammenleben ist. Unser Guide, selbst zur Hälfte Shan, hat uns diesbezüglich vielerlei Interessantes über Zustände und Missstände in Myanmar zu erzählen gewusst.
Ein kleiner Exkurs zur Innenpolitik: Myanmar ist politisch in sieben Divisionen und sieben Staaten unterteilt. Der Shan-Staat, in dem wir wanderten, ist einer davon. Die Lage in den einzelnen Staaten ist ziemlich komplex. Sie sind halbautonom organisiert. Die Dörfer entlang der Burma-Road zum Beispiel, das heisst des Highways, der sich von Mandalay nordostwärts über Hsipaw und Lashio nach Muse an der chinesischen Grenze schlängelt, zählen zum so genannten "White Territory". Dieses wird durch die burmesische Armee kontrolliert. Daneben gibt es immer noch "black territories", wo Gefechte zwischen der burmesischen Armee und Splittergruppen (z.B. Studentenvereinigungen, Liberation Armies, sonstige Gruppierungen mit separatistischer Gesinnung) fast an der Tagesordnung sind. Diese Gebiete sind "off limits" für Touristen. Grosse Teile des Shan-Staates zählen zum "brown territory". Touristen können sich da relativ sicher bewegen, meistens aber in Begleitung eines Guides. Wer genau das Sagen hat in diesen Gebieten, war uns nicht genau klar und kann sich auch ständig verändern. Im Gebiet, in dem wir uns bewegten, sahen wir sowohl uniformierte, bewaffnete Soldaten der Shan Army wie auch bewaffnete Zivilisten, die durch die Maisfelder streiften oder in Hochsitzen Ausschau hielten. Wir haben es so verstanden, dass die Shan Army eine Art Paramilitär ist, das grosse Gebiete des Shan-Staates kontrolliert. Für Touristen ist die politische Situation nicht direkt gefährlich. Die meisten Attraktionen befinden sich ohnehin in der weissen Zone, und wer sich in der braunen Zone bewegt, macht dies am besten mit einem Guide. [Autor: birdfish]
Nach dem anstrengenden Treck entspannt man sich am besten am (oder im) Fluss oder beim erfrischenden Bad am Fusse eines Wasserfalls.
Nach Hsipaw machten wir auf der Rückreise nach Mandalay kurz Halt in Pyin U Lin, wohin im Sommer jeweils die englischen Kolonialherren flüchteten, wenn die Hitze in Mandalay unerträglich wurde. Und in der Tat, in dieser überschaubaren Kleinstadt herrschen angenehme Temperaturen und die teilweise gut erhaltenen Kolonialbauten laden zu einer Erkundungstour per Motorbike oder Velo ein. Es gibt sicher aufregendere Orte in Myanmar, aber uns hat die Ruhe in diesem beschaulichen Ort sehr gefallen.
Das Candercraig Hotel, von dem Einheimische glauben, es spuke dort.
Der nahe gelegene Wasserfall ist ein beliebtes Ausflugsziel für geistliche und weltliche Besucher.
Nach anfänglichem Zögern getrauten sich die zwei Nonnen und ihre Kolleginnen dann doch, uns um ein Gruppenbild zu bitten.
Nach unserer Stippvisite in Pyin U Lin wurden wir anschliessend im klimatisierten Mini-Van (wir sind schliesslich auch keine zwanzig mehr ...) zurück nach Mandalay chauffiert, von wo aus wir mit dem Schiff dem Irrawaddy entlang nach Bagan tuckerten.
Posted by b.visser 20:37 Archived in Myanmar Tagged golden mandalay land yangon shan hsipaw gohkteik pyin-oo-lwin Comments (0)