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Zurück in die Zukunft: Brasilia

Eine Stadt wie aus einem Science-Fiction-Film

sunny 28 °C

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Nach zwei Wochen Badeplausch stand nun die letzte Hauptstadt unserer Weltreise auf dem Programm: Brasilia. Diese Planstadt, die 1960 Rio de Janeiro als Hauptstadt ablöste, war einer der ungewöhnlichsten Höhepunkte unserer Brasilienreise. Brasilia wurde vollständig auf dem Reissbrett entworfen und innerhalb von 4 Jahren förmlich aus dem Boden des bis dahin unbesiedelten zentralen Hochplateaus gestampft. Stararchitekt Oscar Niemeyer (1907-2012) wurde mit den Entwürfen für die öffentlichen Gebäude betreut. Von ihm stammen die retro-futuristischen Bauten wie die Kathedrale, der Nationalkongress, das Nationalmuseum und viele weitere. Sie sorgen dafür, dass man sich bisweilen wie auf dem Set eines Science-Fiction-Films vorkommt.

Die Stadt ist pragmatisch aufgebaut: Es gibt Hotelsektoren, Einkaufssektoren, einen Spitalsektor, einen Regierungssektor, verschiedene Unterhaltungssektoren usw. Um sich zurechtzufinden, muss man lediglich das Adressensystem entschlüsseln, denn auf herkömmliche Strassennamen wurde bis auf einzelne Ausnahmen verzichtet. Für die Sektoren gibt es Abkürzungen, weiter wird in Quadras und Blöcken unterteilt. Für einen Taxifahrer ist dann klar: "SCLS 403, Bloco A, Loja 20" ist die Adresse eines Restaurants in der Quadra 403 des lokalen Geschäftssektors Süd, Block A, Geschäft Nr. 20.

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Brasilia by night, von unserem Hotel aus gesehen. Links erkennt man die beleuchtete Kathedrale und das iglu-förmige Nationalmuseum, rechts das eigens für die WM 2014 erbaute Nationalstadion.

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An unserem zweitletzten Halt in Brasilien gönnten wir uns noch ein wenig Luxus: Apéro in der chicen Bar des Hotel Mercure.


Auf Erkundungstour
Kaum angekommen, trieb uns die Neugier auch schon wieder auf die Strasse hinaus. Taxis sind dabei in Brasilia unentbehrlich: In den 60er-Jahren ging man davon aus, dass die Zukunft den Autofahrern gehören würde. Die Distanzen sind gross, die Strassen breit und Fussgängerstreifen nahezu unauffindbar. Der ganze Verkehr ist so geregelt, dass er fliesst: Auf dem Weg vom Flughafen zum Hotel passierten wir gerade mal zwei Ampeln. Auf- und Ausfahrten wie auf der Autobahn sorgen dafür, dass sich die Strassen kaum kreuzen. Fussgänger haben dabei das Nachsehen, denn das öffentliche Bussystem ist für Aussenstehende schwer zu durchschauen. Zum Glück gibt es einen Sightseeing-Bus, der Touristen in zwei Stunden zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten bringt.

Einen ersten Überblick verschafft man sich am besten von der Aussichtsplattform des Fernsehturms aus, der sich zwischen zwei Hotelsektoren befindet. Hier bietet sich ein schöner Blick auf die 5 km lange Eixo Monumental, die Hauptachse der Stadt.

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Eines der auffälligsten Gebäude Brasilias ist wohl Niemeyers Kathedrale. In Wirklichkeit zwar nur halb so gross wie erwartet, aber von einer schlichten, modernen Eleganz. Das Schiff der Kathedrale liegt unterirdisch, eine Rampe führt an Statuen der vier Evangelisten vorbei ins Innere.

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Die Kathedrale mit dem modernistischen "Glockenturm".

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Im Inneren. Die hübsche Braut wartete nicht etwa auf ihren Bräutigam - sie posierte für einen Brautmodefotografen.

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Vor der Kathedrale kann man sich mit Souvenirs und Devotionalien eindecken - vom Plastikjesus bis zum Rosenkranz.

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Lukas scheint sich mit seinen gefiederten Untermietern arrangiert zu haben.

In der Nähe der Kathedrale befindet sich das Museu Nacional, das der modernen Kunst gewidmet ist und in sich selbst bereits ein Kunstwerk darstellt:

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Mit rechten Winkeln tat Niemeyer sich offenbar schwer, denn so meinte er einst: "Die Architektur besteht aus Traum, Phantasie, Kurven und leeren Räumen". Und von letzteren findet man in Brasilia viele - noch nie hatten wir in einer Stadt den Eindruck, so viel Platz um uns herum zu haben (Christchurch einmal ausgenommen, aber das ist eine andere Geschichte ...).

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Folgt man der Eixo Monumental weg von der Kathedrale, gelangt man zur Praça dos Três Poderes, dem Platz der drei Gewalten im Regierungssektor. Er ist mit zahlreichen Skulpturen gespickt und wird vom Palácio do Planalto, dem Arbeitsplatz des Regierungschefs, und dem obersten Gerichtshof flankiert.

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Hier versuche ich gerade, die Skulptur "Os Guerreiros" (die Krieger) einzufangen, die den tausenden Bauarbeitern aus dem ärmlichen Norden des Landes gewidmet ist, die massgeblich zur Entstehung Brasilias beigetragen haben.

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Angeblich die grösste dauerhaft gehisste Flagge der Welt.

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Schatten sucht man unter der sengenden Mittagssonne auf dem riesigen Platz vergeblich.

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Der oberste Gerichtshof; davor thront Justitia mit verbundenen Augen.

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Oben: Wachablösung vor dem Palácio do Planalto; darunter der Palácio da Justiça.

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Im Untergrund des Platzes befindet sich ein Ausstellungsraum, in der man ein Modell der Stadt bestaunen kann. Von oben betrachtet hat Brasilia die Form eines Flugzeugs. Die Eixo Monumental bildet den Rumpf, das Regierungsviertel um den Kongress das Cockpit und die Wohnbezirke die Flügel.

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Ewige Flamme mit Sicht auf den Kongress.

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Vor solcher Kulisse mussten wir ja früher oder später Darth Vader begegnen.

Am Ende der Eixo Monumental steht das markante Symbol für Brasiliens Demokratie: der Nationalkongress. Der Senat ist in der Kuppel untergebracht, das Abgeordnetenhaus rechts in der "Schüssel". In den Türmen befinden sich die Büros der Abgeordneten. Auf einer geführten Tour hätte man das Gebäude von innen erkunden können. Da wir uns aber nicht ausweisen konnten, blieb uns der Zutritt leider verwehrt.

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Esplanada dos Ministérios. Die Gebäude links und rechts beherbergen die verschiedenen Ministerien.

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1960: Als Brasilia noch eine Baustelle war. (Quelle: magnumphotos.com)

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Das pulsierende Herz Brasilias: Der Busbahnhof Rodoviária liegt dort eingebettet, wo sich die grossen Nord-/Süd- und Ost-/Westachsen kreuzen.

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Hier winkt uns Juscelino Kubitschek zu, der damalige Staatspräsident, in dessen Amtszeit Brasilia gegründet und erbaut wurde.

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Niemeyers Capilla Virgen de Fátima. Die winzige Kirche liegt etwas versteckt in einem Wohnquartier. In diesen Wohnvierteln, den so genannten "Superquadras", spielt sich auch das alltägliche Leben Brasilias ab: Hier trifft man sich in Cafés, Glacéläden, Bäckereien usw. Hier findet man auch die zahlreichen Restaurants der Stadt. Wie in São Paulo sind auch in Brasilia alle Küchen der Welt vertreten. Wir entschieden uns einmal mehr für einen Ausflug in die japanische.

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Unweit der Einkaufszentren des "Sector Comercial" erreicht man den Santuário Dom Bosco. Moderne Kirchen mögen nicht jedermanns Sache sein, aber der filigrane Sakralbau aus Beton mit seinen 16 meter hohen Buntglasfenstern, welche die Kirchengänger in ein geheimnisvolles Licht eintauchen lassen, und dem riesigen Kronleuchter ist doch recht imposant.

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Brasilia steht wahrscheinlich nicht bei jedem Brasilienreisenden auf der Liste, aber der Ausflug ins Landesinnere lohnt sich - vorausgesetzt, man ist entsprechend ausgerüstet mit gutem Schuhwerk und genügend Kleingeld für Bus und Taxi. Ich war jedenfalls von diesem städtebaulichen Gesamtkunstwerk sehr beeindruckt und konnte mich kaum daran sattsehen. Brasilia lässt sich nur schlecht mit natürlich gewachsenen Städten vergleichen - sie wirkt manchmal steril, leer und als Fussgänger droht man in der Weite der Eixo Monumental verlorenzugehen. Aber wenn man einen Augenschein abseits der grossen Sehenswürdigkeiten nimmt, so stellt man wenig überraschend fest, dass in den Einkaufszentren, Wohnquartieren und Restaurants dasselbe bunte Treiben herrscht wie anderswo auch.

Nach drei schweisstreibenden, kilometerreichen Tagen setzten wir uns nun ein letztes Mal ins Flugzeug und nahmen Kurs auf Rio de Janeiro, wo wir mit offenen Armen empfangen werden sollten.

Posted by b.visser 06:33 Archived in Brazil Tagged brasilia oscar_niemeyer palácio_do_congresso catedral_metropolitana museu_nacional Comments (1)

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