Von Jesuiten und Revolutionären
Córdoba und Umgebung
16.04.2015 - 20.04.2015 25 °C
Nach unserem Dschungelabenteuer flogen wir (ja, wir werden faul ...) ins Landesinnere in die Universitätsstadt Córdoba. Dort erwartete uns erneut ein Hostel des Grauens, sodass wir am nächsten Tag in ein schmuckes kleines Hotel umzogen. Dort gefiel uns u.a. die Tatsache, dass wir die WC-Spülung per Knopfdruck bedienen konnten und nicht mit einem Griff durch ein Loch in der Wand in den offenen Spülkasten.
Die zweitgrösste Stadt Argentiniens wartet mit einer schönen Altstadt auf, die vor allem von Sakral- und Kolonialbauten geprägt ist. Die Innenstadt lässt sich dabei bequem zu Fuss erkunden.
Die Iglesia de Santa Teresa.
Die Iglesia de la Compañía de Jesús, fertiggestellt in 1671, mit einem Zederndach, das die Form eines Schiffsrumpfs hat. Was nicht weiter erstaunt, denn der flämische Architekt war eigentlich Schiffsbauer.
Die Kathedrale der Stadt und ihre Umgebung.
Die Iglesia de San Francisco.
Die Anlage Paseo del Buen Pastor ist der modernen Kunst gewidmet.
Auf einer geführten Tour durch die Universität der Stadt, übrigens die älteste des Landes, wurden uns ungewöhnliche Einblicke gewährt, so zum Beispiel in die Bibliothek, wo die ältesten Bücher des Landes (die meisten davon aus Spanien hergebracht) aufbewahrt werden. Die Bibliothek erhielt just eine Woche vor unserem Besuch eine neue Klassifikation der UNESCO und die Bücher sind nun sehr ansprechend ausgestellt. Fotografieren war übrigens verboten - das erfuhren wir aber erst, nachdem die Fotos schon gemacht waren.
Ein beliebtes Ausflugsziel ist im Umland von Córdoba zu finden: Die Estancias Jesuíticas im Örtchen Jesús María. Dabei handelt es sich um Jesuitenklöster, die sich dem Land- und Weinbau verschrieben hatten. Der Jesuitenorden war bis zu seinem Verbot weitherum verbreitet, so auch in Bolivien, Paraguay und Brasilien. Die Estancias um Córdoba sind heute als Museen öffentlich zugänglich und zählen zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Wenn man im monströsen Busbahnhof von Córdoba den richtigen Billetschalter und richtigen Bus gefunden hat (es gibt ca. 60 Schalter und 100 Gates auf zwei Terminals verteilt), erreicht man nach einer Stunde Fahrt Jesús María. Dort klappert man zu Fuss die verschiedenen Estancias ab. Oder, wenn man wie wir Glück hat, wird man von einem freundlichen Estancia-Gärtner gegen ein kleines Entgelt in seinem Pickup herumchauffiert. Man muss es sich einfach zwischen Rasenmähern und dreckigen Schaufeln bequem machen ...
Die erste Estancia, die wir besuchten, war jene von Caroya.
Die Jesuiten bauten jeweils ein Gut an, von dessen Verkauf sie lebten. Die Estancia de Jesús María, unsere zweite Station, produzierte in erster Linie Wein.
Am Abend zurück in Córdoba gönnten wir uns ein arabisches Buffet - und wurden von dessen Reichhaltigkeit und Schmackhaftigkeit überrascht. Hummus, Auberginenpüree, Taboulé, Fladenbrot, gefüllte Weinblätter usw. wurden in üppigen Mengen aufgetischt. Leider müssen wir nämlich gestehen, dass unsere Begegnung mit argentinischen Restaurants im Allgemeinen eher enttäuschend ausfiel; bis auf ein paar Ausnahmen in Buenos Aires war das Essen dürftig bis miserabel oder dann völlig überteuert ...
Hausbesuch beim Comandante
Ein Muss für Neomarxisten und historisch Interessierte ist natürlich ein Besuch im Museo Casa del Che im Örtchen Alta Gracia, wiederum eine Stunde von Córdoba entfernt. Das Museum besteht aus dem Haus, in dem der Revolutionär Ernesto "Che" Guevara von 1932 bis 1943 mit seinen Eltern und Geschwistern gelebt hatte. Ernestito, klein Ernesto, litt unter Lungenproblemen und so beschlossen seine Eltern, von Rosario ins höher gelegene Alta Gracia umzusiedeln, das für seine gesunde Luft bekannt war.
Im Museum sind viele persönliche Gegenstände, Briefe, Fotos und sein Motorrad ausgestellt, mit dem er Südamerika bereist hatte, bevor er sich seinen revolutionären Aktivitäten widmete. Ein Raum dokumentiert sogar den Besuch seines ehemaligen Genossen Fidel Castro, der 2006 gemeinsam mit Hugo Chávez das Museum besichtigte. Wenn man da nicht den Geist der Revolution spürt ... ?
El Comandante lädt zum Verweilen ein.
"El Che" in jungen Jahren.
Die Fotos zeigen Che mit seinem Doktorfreund Alberto Granado, mit dem er ausgedehnte Reisen durch Südamerika unternahm, seine Familie und einen gleichgesinnten Genossen.
Fachsimpeln im Beisein Ernestitos (Quelle: www.cuentosdelaranero.org.ve).
Wem der Sinn nicht nach sozialistischem Gedankengut steht kann auch in Alta Gracia ein schönes ehemaliges Jesuitenkloster besuchen.
Als ob wir nicht schon genug historische Gebäude besucht hätten, zog es uns am letzten Tag in Córdoba unter anderem ins Museo Histórico Provincial Marqués de Sobre Monte, das von 1783 bis 1796 vom gleichnamigen Statthalter bewohnt wurde. Das Haus ist ein Prunkstück an Kolonialarchitektur mit schönen Zimmern mit Holzböden und mehreren "Patios", Innenhöfen.
Nach vier Tagen verliessen wir Córdoba bereits wieder und nahmen den Nachtbus nach Mendoza, dem berühmten Weinbaugebiet Argentiniens.
Posted by b.visser 13:39 Archived in Argentina Tagged cordoba che_guevara estancias_jesuiticas casa_del_che alta_gracia jesus_maria
Liebe Viajeros!
Es ist wiedermal Zeit um für die schönen Fotos in Eurem Bericht zu danken, immer eine Freude zum Mitschwelgen! Der aktuelle Mix aus Revolucion und Religion ist eine Freude - ein spannendes Themenpaar, und in gewissen Aspekten sogar sehr verwandt miteinander ;-) (ich sage nur Dogma..)
Saludos cordiales, Eure Embracher-Freunde Angela und Chris
by Angela