Frühstück mit Walfisch
Das südliche Patagonien (Chile)
22.03.2015 - 30.03.2015 10 °C
Unsere Weiterreise brachte uns auf den südamerikanischen Kontinent. Wer von Westen her kommt, beginnt die Route meist in Santiago de Chile. Ich war vor ein paar Jahren schon einmal da und wusste, dass die Stadt nicht gerade mit vielen Attraktionen lockt, deshalb begrenzte sich unser Aufenthalt auf zwei Tage. Da wir zudem auf der Osterinsel mit acht Stunden Verspätung abgeflogen waren, weil der Flughafen wegen eines schweren Unfalls mit anschliessender Evakuierung der Verletzten gesperrt wurde, verkürzte sich der Aufenthalt noch ein bisschen.
Die Kathedrale bildet das Kernstück der Plaza de Armas, wie der Hauptplatz der meisten südamerikanischen Städte heisst.
Das Rathaus heisst noch immer Palacio de la Moneda (Münzanstalt), weil hier früher Geld geprägt wurde.
Dass die Südamerikaner fürs Leben gern protestieren und demonstrieren, haben wir schon am ersten Tag in Santiago bemerkt. Diese Studenten bekunden ihren Unmut über Abtreibungen.
Das Mini-Viertel "Paris - Londres" lädt mit seinen Pflastersteinstrassen zum Verweilen - oder Reiseführer-Studieren - ein.
Der Cerro San Cristobal, Santiagos Hausberg mit 880 m.ü.M., bietet einen schönen Überblick über die Stadt, eine 22 m hohe Statue der Jungfrau Maria inklusive.
Ein Weiterflug brachte uns in das südliche Patgonien, ein Gebiet, das von Argentinien und Chile geteilt wird. Ursprünglich war unser Plan, von da direkt mit dem Bus nach Ushuaia, in die südlichste Stadt der Welt zu fahren. Ich wurde aber auf eine Firma namens Transbordadora Austral Broom aufmerksam, die Schiffsreisen nach Puerto Williams organisiert, das noch südlicher als Ushuaia liegt. Zwischen Ankunft per Flieger in Punta Arenas und Abreise mit dem Schiff hatten wir einen Tag Zeit, die Umgebung des Ortes (übrigens mit etwas mehr als 117'000 Einwohnern die südlichste Grossstadt der Welt) zu erkunden. Wir machten eine sehr empfehlenswerte Tour, die zwar viel Busfahren beinhaltete, uns jedoch schliesslich zu einer Gruppe von etwa 80 Königspinguinen brachte.
Punta Arenas war einst eine reiche Stadt, die im chilenischen Wollhandel aufblühte. Viele Ausländer haben sich hier niedergelassen, insbesondere Kroaten und auch viele Schweizer. Es gibt sogar einen Stadtteil "Zurich" mit einer Guillermo-Tell-Strasse! Wir fanden aber den Ort mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 6 Grad und 148 Regentagen eher unwirtlich.
Der Friedhof zeugt heute noch vom Glanz vergangener Tage: Die Grabstätten der Schafbarone und anderer wichtiger Persönlichkeiten.
Ein interessantes Museum in Porvenir führte uns in die Kultur der Ureinwohner, der Selk'nam, ein. Dieses Nomadenvolk kam von Asien her über die Beringstrasse auf den armerikanischen Kontinent und wanderte bis in den untersten Zipfel Südamerikas. Sie lebten hauptsächlich von Guanakos (kamelartigen wilden Tieren) und anderen Kleintieren, die sie jagten. Die Selk'nam wurden im Zuge der argentinischen Kolonialisierung von Südpatagonien ausgerottet.
Es herrscht Weltendstimmung im Feuerland. Den Namen "Tierra del Fuego" hat übrigens Magellan geprägt, der 1520 auf einer Erkundungstour in diesen Gefilden unterwegs war. Er fand keine Siedlungen, sah aber des Nachts viele Feuer im Süden der Meerenge brennen, die von den Nomaden entfacht worden waren.
Schafe gibt es übrigens immer noch viele. Bei denen hier heisst die nächste Station Schlachtbank, wie mir unser Guide versichert hat.
Der Weg zu den Pinguinen führte an einer Lagune mit Flamingos vorbei.
Die Königspinguine der Bahía Inútil sind seit neun Jahren dort angesiedelt und sind - nicht wie jene Kolonie auf der Isla Magdalena in der Nähe - das ganze Jahr über zugegen. Wir lernten, dass man erst ab der dritten Generation von einer Kolonie spricht, also dann, wenn solche Tiere, die da geboren wurden, sich wieder fortgepflanzt haben. Momentan zählt die Pinguingruppe zwei Generationen. Des Weiteren haben wir uns sagen lassen, dass die Königspinguine die schöneren Zeichnungen haben als die Kaiserpinguine, die es nur in der Antarktis gibt. Dem Treiben zuzuschauen und dem Geschnatter zuzuhören fand ich sehr eindrücklich.
Im Dorf Cerro Sombrero war nicht gerade viel los. Auf die Schafzucht folgte die Entdeckug des schwarzen Goldes. Heute lebt die Bevölkerung hier hauptsächlich von der Petrochemie.
Am nächsten Abend hiess es einschiffen auf der Yanghan. In 30 Stunden würde uns das Schiff von Punta Arenas nach Puerto Williams bringen. Wir gönnten uns den Luxus der ersten Klasse, wo man den Sessel wirklich waagrecht legen konnte. Ich habe super geschlafen! Im Folgenden ein paar Eindrücke dieser wunderlichen Schiffsreise durch die Magellanstrasse und den Beagle-Kanal:
Am zweiten Tag kamen Kinder schreiend durch die Kabine gerannt: "Balena! Balena!" Ich fasste sofort meine Kamera und eilte aufs Deck. Und da tummelten sich tatsächlich mindestens zwei Walfische in einer Bucht, die wir soeben passiert hatten. Das ist alles, was das Objektiv meiner Kamera rausholen konnte:
Es gibt schlechtere Aussichten vom Klo aus!
Dann passierten wir einen der unzähligen Gletscher des Darwin-Gebirges. Dieser hier küsste den Ozean: Eine wunderbare Ansicht! Unsere Crew liess es sich nicht nehmen und zog Eis aufs Schiff, das beim Verlassen des Schiffs als - wenn auch vergängliches - Präsent an die Passagiere abgegeben wurde.
Um Mitternacht am nächsten Tag liefen wir im Hafen von Puerto Williams ein. Das Dorf zählt 2500 Einwohner und ist ... wirklich am Ende der Welt! Das Wetter war regnerisch, kalt, und wir fanden, dass auf einmal aus dem Motto unserer Reise, Let's Summer, nun "Let's Winter" geworden war ... o_O
Im Hafen liegen viele europäische und amerikanische Yachten, deren Besitzer hier überwintern.
Die Einwohner leben hauptsächlich von der Fischerei.
Eigentlich wollten wir den Ort baldmöglichst wieder verlassen, denn eigentlich war unser Ziel ja Ushuaia in Argentinien und nicht Puerto Williams in Chile. Da es aber am Sonntag keinen Bootservice über den Beagle-Kanal gab, blieben wir einen Tag länger und kamen in den Genuss einer Gratis-Bootsfahrt. Einmal pro Monat bedient die Yanghan, mit der wir gekommen waren, Puerto Toro, das mit seinen 18 Einwohnern der südlichste Ort der Welt ist, wo eine zivile Bevölkerung lebt. Auf einer Wanderung um das Dorf und auf einen dahinterliegenden Hügel konnten wir die subarktische Flora geniessen.
Die wohl südlichste Kirche der Welt.
Vergebens hatten wir am Yachthafen in Puerto Williams nachgefragt, ob zufällig bald jemand nach Ushuaia segeln würde, denn die halbstündige Bootsfahrt mit - wohlbemerkt - einem Schlauchboot kostet 120 Franken pro Person ... Aber was will man schon machen am Ende der Welt? Es war die einzige Möglichkeit, nach Argentinien zu gelangen.
Posted by birdfish 16:50 Archived in Chile Tagged santiago cerro_san_cristobal punta_arenas puerto_williams transbordadora_austral_broom