Im Reich der Kims - Teil II
Jenseits von Pjöngjang
09.09.2014 - 16.09.2014 27 °C
On the Road
Nach unserer "Einführung" in Pjöngjang begaben wir uns auf den Weg nach Wonsan, einer Stadt an der Ostküste. Der Weg führte über einen der wenigen Highways, die zwar gross angelegt aber praktisch frei von Verkehr sind. Dafür passierten wir links und rechts laufend stehen gebliebene Busse und Lastwägen und viele Menschen, die einfach nur zu Fuss oder mit dem Ochsenkarren von irgendwo nach nirgendwo unterwegs waren. Ein Zeichen dafür, dass der in den Nachkriegsjahren angestrebte Wohlstand nie Wirklichkeit wurde - die Autobahnen bleiben bis heute leer ...
Auf dem Highway ist nicht gerade die Hölle los.
Nach drei holprigen Stunden und unzähligen Schlaglöchern kamen wir an einem Ort an, der auch in den Schweizer Boulevardmedien für Schmunzeln sorgte: im Masik Ski Resort. Dort steht seit kurzem ein Luxushotel im Chalet-Stil der dekadenteren Sorte, daneben warten einige kurze Pisten darauf, im Winter von Schneekanonen berieselt zu werden. Man erinnert sich: Kim III. bestellte in der Schweiz einen Sessellift, der ihm jedoch zu seinem Ärger verweigert wurde. Das Hotel dient derzeit wohl als Vorzeigeobjekt, um Touristen zu zeigen, wie gut es dem Land eigentlich geht.
Rund 300 Betten zählt das Hotel. Wir waren an jenem Abend jedoch die einzigen Gäste.
Im Hintergrund die schneefreie Piste.
Am darauffolgenden Tag besuchten wir in Wonsan ein Kinderferienlager. Eigentlich hatten wir den Wunsch geäussert, eine Schule zu besuchen, aber darauf wurde nicht näher eingegangen.
Die Ferienanlage, die u.a. ein Hallenbad, Sportplätze, einen Wasserpark und sogar ein Aquarium umfasst, wurde auf Anordnung Kims III. frisch renoviert und man verlieh ihr gerade noch den letzten Schliff, bevor die nächsten kleinen Gäste anreisen würden. Die Anlage steht sogar "internationalen" Gästen offen; zu diesem Zweck ist alles auch auf Chinesisch und Russisch angeschrieben. Auf unsere Bemerkung hin, die Anlage sei ohne anwesende Kinder etwas leblos, meinte Senior stolz, wir seien eben VIP-Gäste und dürften das Lager ausnahmsweise schon vor seiner Neueröffnung besichtigen.
Die Bettchen sind bereits gemacht.
Anschliessend fuhren wir an den Strand, wo uns gezeigt wurde, dass auch in Nordkorea einem Badeplausch nichts im Wege steht!
In Rimini ist sicher mehr los ...
Am Nachmittag führte uns die Fahrt ins Kumgang-Gebirge, wo für den nächsten Tag ein "Hike" zu einem Wasserfall geplant war. Der Wasserfall fiel aufgrund der Jahreszeit etwas dürftig aus und der Hike dorthin war eher ein Spaziergang. Als Entschädigung haben wir dafür unterwegs zwei nette Herren kennen gelernt, O. aus der Schweiz und T. aus Deutschland, mit denen wir uns auf dem Rückweg und beim gemeinsamen Mittagessen zu viert bestens unterhalten haben. Nach einigen Tagen in Nordkorea unter ständiger Aufsicht der Guides tat dieser Gedankenaustausch allen sichtlich gut! Danke übrigens den beiden für den offerierten Wein
Wir wähnten uns zunächst im Verzasca-Tal.
Während des Aufstiegs und auf dem Gipfel boten sich uns knorrige Landschaften und eine schöne Aussicht.
Ein weiterer Höhepunkt einer Nordkoreareise ist natürlich ein Besuch der entmilitarisierten Zone in der Nähe von Kaesong. Dabei handelt es sich um einen drei Kilometer breiten Landstreifen entlang des 38. Breitengrads, der de facto die Grenze zwischen Norden und Süden bildet. In der militärischen Siedlung Panmunjeong, der gemeinsamen Sicherheitszone, stehen jene Baracken, in denen die Waffenstillstandsverhandlungen stattgefunden haben und die Amerikaner bei der Kapitulation auf den Knien um Gnade gefleht haben sollen.
Quer durch das Hauptquartier verläuft die eigentliche Demarkationslinie, auf der nord- und südkoreanische Soldaten sich finster dreinblickend gegenüberstehen.
Die Besucher lauschen mehr oder weniger beeindruckt den Erklärungen.
Ein Exemplar des Waffenstillstandsabkommens.
Blick auf das südkoreanische Hauptquartier. In den blauen Hütten fanden Verhandlungen zwischen beiden Parteien statt. Die mittlere Baracke ist Besuchern von beiden Seiten abwechselnd zugänglich. Wenn man das Innere der Baracke durchschreitet, befindet man sich auf südkoreanischem Boden. Seoul liegt gerade mal 70 km weit entfernt!
Ausnahmsweise war es erlaubt, sich mit den uniformierten Genossen fotografieren zu lassen. Wirklich zu Spässen aufgelegt waren diese aber nicht ...
Zurück in Kaesong war es Zeit für ein wenig koreanische Geschichte, die sich vor 1912, dem Geburtsjahr Kim Il-Sungs und dem Jahr Null der modernen koreanischen Geschichtsschreibung, zugetragen hat. Wir besuchten eine ehemalige konfuzianische Studienstätte sowie das Grabmal eines bedeutenden Königs der Koryo-Dynastie. Die grünbewachsenen Grabhügel waren uns ja bereits von Südkorea her bekannt.
Historische Stätten bieten sich als Hintergrund für Hochzeitsfotos geradezu an.
Über den Dächern von Kaesongs Altstadt ...
... wacht Genosse Kim I.
An unserem letzten Tag stand ein Besuch des Museums für US-amerikanische Kriegsgräueltaten auf dem Programm. Hier wurde gezeigt, auf welch vielfältige und grauenvolle Weise die Amerikaner die koreanische Bevölkerung gefoltert und getötet haben sollen. Was stimmt und was nicht, wird man wohl nie erfahren. Die Tötungen und Kriegsverbrechen konnten nie von unabhängigen Stellen untersucht werden.
Explizite Schautafeln veranschaulichen die Gräueltaten.
Der ideologische Kampf geht weiter!
Dieser Mann ist einer der wenigen Überlebenden eines Vorfalls, bei dem mehrere Hundert Kinder und Frauen getötet wurden. Die Amerikaner sollen zwei Munitionsdepots, in denen sich die Opfer versteckt hielten, in Brand gesteckt haben. Heute erzählt er den Besuchern seine bewegende Geschichte.
Hiermit war unsere kurze Reise durch Nordkorea zu Ende und wir machten uns auf den Rückweg nach Pjöngjang, wo wir uns beim letzten Abendessen von unseren Betreuern verabschiedeten, bevor wir tags darauf wohlbehalten nach Peking zurückkehrten.
Weitere Eindrücke
Der Verkehr ist grösstenteils unmotorisiert.
Entlang den Strassen werden Maiskörner zum Trocknen ausgelegt.
Es fährt ein Zug nach nirgendwo: Die Bahnstrecke, die Pjöngjang mit Seoul verbindet, wird wohl noch lange unbefahren bleiben.
Die gesamte Küste wird von Stacheldrahtzäunen gesäumt, damit keiner davonschwimmt.
Kommerzielle Werbeplakate sucht man in Nordkorea vergebens.
Erntezeit: Überall stapelt sich der Mais, der später zu Farmkooperativen gebracht wird.
Strassenszene in Kaesong.
Tête-à-Tête am Hafen von Wonsan
So idyllisch kann Nordkorea sein: Samil-Lagune im Kumgang-Gebirge.
Am Ende unseres Spaziergangs werden wir bereits wieder von Senior und dem Fahrer erwartet.
Für unser leibliches Wohl war stets gesorgt.
Fangfrisches Meeresgetier (Ich schwöre, der aufgeschnittene Fisch hat sich noch bewegt!).
Hotellobbys sind Geschmackssache.
Fototapete war gestern!
Posted by b.visser 04:58 Archived in North Korea
Super Reisebericht mit guten Fotos. Macheds guet und bliibed gsund. glg Papi Ewald
by Ewald Vögele